Der Streit um die Regelverstöße von Nutzern des Messaging-Dienstes Telegramm sowie der Gesetzeskonformität des Dienstes gemäß europäischen Vorgaben eskaliert. Telegramm wird in Deutschland von mehr als einer Million Usern genutzt und ist damit sehr erfolgreich. Die Website des Anbieters weist aber kein Impressum auf und ist damit nicht konform mit dem Telemediengesetz. So gibt es denn auch keine nach deutschem Recht zwingend erforderlichen Ansprechpartner. Und die Erreichbarkeit für behördliche Anfragen und Vorgaben ist nicht gegeben. Kürzlich scheiterte das Bundes-Justizministerium mit der Zustellung eines Gerichtsbeschlusses an die für Deutschland zuständige Adresse des Unternehmens in Dubai.

Das Bundes-Innenministerium hat jetzt über eigene Ermittlungen Ansprechpartner in der Telegramm Geschäftsführung lokalisieren können. Man beginne damit, über Regelverstöße und Straftatbestände sowie die Anwendbarkeit des europäischen Rechtsrahmens zu sprechen. Das sei an sich schon ein großer Erfolg im Vergleich mit den bisher ins Leere laufenden Verfahren, so das Ministerium.

Telegramm wird in Deutschland z.B. von der sogenannten Querdenker-Szene intensiv genutzt. In der zunehmenden Radikalisierung wurde bis hin zu Morddrohungen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer zu Straftaten aufgerufen. Verschiedene Behörden ermittelten und Gerichtsbeschlüsse gegen Telegramm wurden erwirkt. Sie liefen bisher aber ins Leere.

Bundes-Innenministerin Nancy Faeser drohte im Januar offen damit, als letzte Option den Dienst Telegramm komplett im Netz zu sperren.

Gegründet wurde Telegramm von Pawel Durow, einem russischen IT-Unternehmer. Dieser hatte mit den russischen Behörden unangenehme Erfahrungen bezüglich seines sozialen Netzwerkes VKontakte gemacht und daraufhin Telegramm gegründet, das Hosting im Ausland organisiert. Er selbst ist ausgewandert und besitzt nun einen Pass des Karibik-Staates St. Kitts and Nevis. Er lebt angeblich in Dubai. Telegramm ist vermutlich als Dienst bisher nicht profitabel, Kosten wurden bisher wohl aus Durows Privatvermögen getragen. Erst seit Oktober 2021 veröffentlicht Telegramm auf seinem Dienst auch Werbung, als einzige Einnahmequelle. Die geplante eigene Kryptowährung zur Finanzierung des Dienstes scheiterte kürzlich durch das Einschreiten der amerikanischen Börsenaufsicht, bereits eingesammelte Gelder mussten rückerstattet werden.