Die Lieferkettenkrise macht schmerzhaft deutlich, wie sehr die produzierende Industrie in Europa von elektronischen Bauteilen aus Fernost abhängig ist. PKW im Wert von zehntausenden Euros können zurzeit nicht produziert werden, weil Microchips im Wert von wenigen Dollar aktuell nicht lieferbar sind. Maschinen und Anlagen mit sechsstelligem Wert können nicht ausgeliefert werden, weil bestimmte Displays für hundert bis zweihundert Dollar auf Monate hinaus nicht zu bekommen sind. Geschirrspüler sind Mangelware, weil Transistoren und Steuerungschips ohne konkretes Lieferdatum nicht verfügbar sind.

Europa soll nach dem Willen der EU wieder zu einer Weltmacht bei der Chip-Produktion werden. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton sagt dazu „Wenn wir in den Märkten der Zukunft zu den führenden Kräften gehören wollen und nicht nur der Subunternehmer von wem auch immer sein wollen, muss die EU jetzt handeln“. In der EU müsse wieder in Halbleiterfabriken investiert werden – „in zwei, drei oder vier große Megafabriken“. 45 Milliarden Euro sollen investiert werden, um wieder zu einem Schwergewicht der Produktion zu werden. Ein fünf Milliarden-Programm der europäischen Investitionsbank EIB soll innovative Firmen unterstützen.

Der Plan sieht vor, bis 2030 wieder 20 Prozent der weltweiten Chip-Produktion in der EU zu haben, kommend von aktuell ca. 10 Prozent. Das ist auch deshalb ein großer Schritt, weil sich die weltweite Produktion bis 2030 in etwa verdoppeln wird.

Digitale Schlüsselindustrien in der EU sollen damit ermöglicht und unterstützt werden. Dazu gehören das autonome Fahren, Industrie 4.0, Smartphones, Künstliche Intelligenz und Supercomputer. Man konkurriert damit offen gegen den westlichen Partner USA, der gerade 52 Milliarden Dollar in den „Chips Act“ investiert und ähnliche Ziele verfolgt. Das US Vorhaben sei „etwas völlig Neues, nie Dagewesenes, ein eigenes Gesetz neben Beihilfeprogrammen“, so Breton, Subventionen von 40-50 Prozent für den Bau von Fabriken wären möglich. „Die Supermächte haben erkannt, daß sie die Versorgung mit hochmodernen Halbleitern sicherstellen müssen. Das ist eine geopolitische Fragestellung geworden“.

Die für Chips oder Batterien notwendigen Rohstoffe sind jedoch auch knapp. Hier hat sich China weitreichende Zugriffe in Asien, Afrika und Südamerika gesichert, indem dort im Gegenzug in die Infrastruktur investiert wird. In diesem Bereich hat Europa bisher wenig entgegenzusetzen. Und auch auf chinesische Ausfuhrverbote für knappe Rohstoffe hat die westliche Welt kurzfristig noch keine Möglichkeiten der Gegenwehr.